Einem Gaul sollte man ins Maul schauen
Zähne sind für alle Pferdehalter ein wichtiges Thema. Daher haben wir gleich an Ort und Stelle ein Interview mit Herrn Müller geführt. Thema Zahnpflege bei Pferden, braucht es das überhaupt? Was ist zu beachten? Zahnpflege ist kein Thema bei wildlebenden Pferden, aber die Lebensweise unserer domestizierten Pferde bringt Zivilisationskrankheiten mit sich.
Die Zähne werden durch die veränderte Haltungs- und Fütterungsweise nicht mehr wie in der Natur gleichmäßig belastet und abgenutzt. Dadurch kann es zu Zahnproblemen kommen. Pferdedentalpraktiker Andreas Müller aus Hamminkeln hat sich vor 12 Jahren auf die fachmännische Behandlung und Pflege von Pferdezähnen spezialisiert. Er ist Experte in Sachen Pferdezähne und beantwortet heute unsere Fragen rund um das Thema Pferdezähne.
Pferdedentalpraktiker Andreas Müller
Regelmäßige Zahnpflege bei Pferden ist wichtig
Ertasten, Erfühlen und Riechen
Andreas Müller arbeitet viel mit Ertasten, Erfühlen und Riechen. Er sagt, dass er so am genauesten erfasst, was im Pferdemaul los ist - wesentlich präziser und sensitiver als mit einer Stirnlampe und den Augen.
Auch durch einen Geruchstest kann er so schon schnell feststellen, ob es Probleme im Pferdemaul gibt.
Kristallkraft:
Was ist der Unterschied zwischen einem Pferdedentalpraktiker und einem Tierarzt?
Andreas Müller:
Ein Pferdedentalpraktiker ist ausschließlich auf die Behandlung von Pferdezähnen spezialisiert. Pferdedentalpraktiker sind die Spezialisten für Zahnbehandlung am Pferd. Es gibt inzwischen auch Tierärzte, die diese Zusatzqualifikation besitzen. Der Hauptunterschied zwischen Tierarzt und Pferdedentalpraktiker ist, dass der Tierarzt auch eine Sedierung oder gegebenenfalls nötige Operation durchführen darf, während dies dem Pferdedentisten nicht gestattet ist. Hinsichtlich der Kosten sollte kein Unterschied bestehen, da der Dentist in der Regel mit einem Tierarzt zusammenarbeitet.
Kristallkraft:
Ab welchem Alter braucht mein Pferd eine Zahnkontrolle und in welchen Abständen sollte diese erfolgen?Andreas Müller:
Stelle dein Pferd schon im Fohlenalter regelmäßig deinem Dentisten vor. Eine Kontrolle der Milchzähne und des Zahnwechsels kann spätere Zahnprobleme vermeiden. Pferde können durchaus schon im ersten Lebensjahr scharfe Kanten entwickeln, die entfernt werden sollten. Grundsätzlich empfiehlt sich die Zahnkontrolle/Behandlung im Alter bis 5 Jährig halbjährlich, da in diesem Zeitraum der Zahnwechsel stattfindet. Denke auch beim Einreiten an die Wichtigkeit der Zähne. Ein Pferd muss sich erst an die Trense gewöhnen. Lass vor dem regelmäßigen Einlegen eines Gebisses bzw. dem Einreiten eine gründliche Zahnkontrolle/Zahnbehandlung machen, da sich hier viele Probleme im Vorfeld beseitigen lassen. Die Akzeptanz des Gebisses und der Reiterhand lassen sich so erheblich verbessern.Kristallkraft:
Wie bereite ich mein junges Pferd auf die erste Zahnbehandlung vor?Andreas Müller:
Eine wirkliche Vorbereitung ist nicht nötig, aber es ist natürlich von Vorteil, wenn sich das Pferd im Bereich des Kopfes ohne Furcht berühren lässt.Kristallkraft:
Thema Zahnwechsel, muss ich da etwas beachten?Andreas Müller:
Im Alter von zweieinhalb bis fünf Jahren wechseln Pferde insgesamt 24 Zähne. Das heißt die Milchzähne fallen aus und werden durch die bleibenden ersetzt. Stuten haben nach Abschluss des Zahnwechsels 36 Zähne, Hengste und Wallache hingegen 40 Zähne. Sie besitzen zusätzlich noch 4 sogenannte Hakenzähne, die den Eckzähnen entsprechen. Selten bilden auch Stuten Hakenzähne, diese Stuten werden auch Hakenstuten genannt. Manche Pferde haben während des Zahnwechsels Probleme beim Fressen. Sogar das Allgemeinbefinden kann beeinträchtigt sein. Da der Zahnwechsel/Zahndurchbruch eine große Energieleistung für das Pferd bedeutet, ist Mattigkeit bis hin zu erhöhter Temperatur keine Seltenheit. Bei länger anhaltenden Fressproblemen sollte unbedingt der Pferdedentalpraktiker zur Kontrolle hinzugezogen werden. Während des Zahnwechsels ist eine Zahnprophylaxe in kürzeren Abständen sinnvoll. Ich rate zu einer Kontrolle etwa alle sechs Monate.Kristallkraft:
Wie läuft eine Zahnbehandlung ab?Andreas Müller:
Ich starte immer mit einer Voruntersuchung des Pferdes in Anwesenheit des Pferdebesitzers. Dabei untersuche ich genau das Innere des Pferdemauls und ertaste den Zustand der Zähne. Dann erkläre ich dem Pferdehalter den Befund und die erforderlichen Maßnahmen. Die Anwesenheit des Pferdebesitzers befürworte ich, da sich dies beruhigend auf meine Pferdepatienten auswirkt. Zu meiner Ausrüstung gehört ein solides Maulgatter (andere Maulöffner finde ich inakzeptabel) und diverse elektrische Schleifmaschinen und auch manuelle Zahnraspeln. Wichtig ist auch eine gute Lichtquelle. Nun bekommt das Pferd eine leichte Sedierung und wird in eine stabile Stellung gebracht, besonders der Kopf muss so stabilisiert werden, dass ich in Ruhe arbeiten kann. Wenn das Pferd den Kopf nicht mehr selbst halten kann, merke ich, dass die Sedierung wirkt und ich lege los. Ziel der Zahnbehandlung ist es, die optimale Harmonie zwischen Zähnen und Kiefergelenken herzustellen und damit die Grundlage für schmerzfreies Fressen zu schaffen. Eine fundierte Zahnbehandlung dauert zwischen einer und eineinhalb Stunden.Kristallkraft:
Warum braucht mein Pferd Beruhigungsmittel oder eine Betäubung?Andreas Müller:
Ich befürworte aus Sicherheitsgründen eine Sedierung bei der Zahnbehandlung. Die Sedierung dient der Entspannung und Beruhigung des Pferdes und ist kein Schmerzmittel. Während der Behandlung kann es aber durchaus zu Schmerzen kommen und dann ist es besser, wenn das Pferd sediert ist und dadurch still steht und entspannt bleibt. Ein ruhig stehender, stressfreier Patient ermöglicht es mir, eine qualitativ hochwertige Zahnbehandlung durchzuführen, auch dann noch, wenn die Behandlung einmal etwas schwieriger bzw. zeitaufwendiger ist. Letztlich vermindert die Sedierung die Verletzungsgefahr für das Pferd, den Besitzer/Helfer und mich als Behandler erheblich.Kristallkraft:
Woran erkenne ich, dass mein Pferd Zahnprobleme hat?Andreas Müller:
Für meine Kunden sind Rittigkeitsprobleme oft die ersten Anzeichen für Zahnprobleme. Außerdem sind schlechtes Fressen sowie Gewichtsverlust mögliche Anzeichen sowie fauliger Geruch aus Maul und Nüstern. Verdauungsprobleme und mögliche Verdauungskoliken können ebenfalls ein Hinweis auf Schwierigkeiten mit den Zähnen sein. Aber Vorsicht: Pferde leiden stumm! Nicht immer fressen Pferde mit Zahnproblemen schlecht oder nehmen ab. Der instinktive Erhaltungstrieb lässt sie immer weiter fressen! So ist die regelmäßige Zahnkontrolle meist die einzige Möglichkeit, Zahnprobleme zu erkennen.Kristallkraft:
Was für Zahnanomalien gibt es bei Pferden?Andreas Müller:
Neben dem gut zu erkennenden Über- oder Unterbiss sind in erster Linie über- oder unterzählige und falsch angelegte Zähne zu erwähnen. Bei jungen Pferden gibt es die sogenannten Wolfszähne, die eigentlich Relikte der ersten Backenzähne sind. Sie sind meistens sehr klein und sollten frühzeitig entfernt werden, da sie sich genau dort befinden, wo das Gebissstück der Trense liegt. Das ständige Schlagen der Trense gegen die Wolfszähne ist schmerzhaft für Pferde. Auch müssen zu lange Schneidezähne gekürzt werden, da sie das Pferd beim Fressen behindern.Kristallkraft:
Bekommen Pferde Karies?Andreas Müller:
Ja, auch Pferde können Karies bekommen. Wie bei kleinen Kindern ist da besonders die Zeit des Zahnwechsels wichtig. Es sollten keine süßen Futtermittel verabreicht werden, da diese unter die Zahnkappen gelangen können und so die Bildung von Karies fördern.Kristallkraft:
Gibt es Zahnfüllungen für Pferde?Andreas Müller:
Es gibt durchaus Zahnfüllungen beim Pferd, allerdings sind diese, je nach Lage des Zahnes, sehr schwierig. Das Problem liegt in der Anatomie des Pferdezahns, der im Gegensatz zu Menschen ein weit verzweigtes Wurzelgeflecht aufweist, welches sehr schwer zu reinigen ist, sowie an den engen Platzverhältnissen im Pferdemaul. Daher ist die Prophylaxe auf jeden Fall vorzuziehen. Ernähre dein Pferd möglichst zuckerarm, gebe ihm keine Zuckerstückchen und Süßigkeiten. Belohne dein Pferd besser mit Lob und Aufmerksamkeit. Ab und zu ein Pferdeleckerli ist aber in Ordnung.Kristallkraft:
Was kann ich tun, damit die Zähne meines Pferdes gesund bleiben?Andreas Müller:
Erfahrungsgemäß ist die beste Prophylaxe der täglich lange Weidegang, sowie langes grobes Raufutter. Letztendlich gewährleisten nur die regelmäßige Kontrolle und Behandlung die Zahngesundheit der Pferde.Fazit:
Regelmäßige Zahnpflege ist sehr wichtig. Nur so können Probleme wirklich zuverlässig erkannt und behoben werden. Gerade in der Zeit des Zahnwechsels solltest du vermehrt auf die Zahngesundheit achten. Zur Gesunderhaltung der Zähne kannst du dein Pferd mit organisch mineralischen Basisversorgung TheMineral untertsützen.